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Veranstaltungen im Archiv

Ausstellung 04.05.2017 - 01.07.2017

Fakten oder Fantasie? Karten erzählen Geschichten!

Atlas, NW I 11 57, 001 Unsere Bilder der Welt, Europas, Deutschlands, unsere Vorstellungen von Nähe und Ferne, unsere Bewegungen im Raum bis hin in unser alltägliches Leben sind von Karten geprägt. Karten als abstrahierte, zweidimensionale Abbilder des dreidimensionalen Raumes erleichtern uns die Orientierung, begleiten uns im Arbeitsalltag genauso wie in unserem Privatleben.
Satellitenbilder von unglaublicher Detailgenauigkeit, Google Maps, GPS und das Navi vermitteln uns das sichere Gefühl, jederzeit genau zu wissen, wo wir uns befinden. Auch Nachrichten von Ereignissen werfen oft unmittelbar die Frage nach ihrer Lage im Raum auf: Wo hat das Unglück stattgefunden? Bin ich in Sicherheit oder vielleicht betroffen?
Um solche Nachrichten oder andere räumliche Zusammenhänge zu veranschaulichen, nutzen auch heutige Medien noch gerne Karten. Für den Betrachter transportieren diese Karten den Eindruck von Objektivität und fundierten Fakten. Doch wie steht es damit wirklich? Sind Karten nicht schon durch ihre Projektion in die zweidimensionale Fläche zwangsläufig Interpretationen? Transportieren sie nicht häufig mehr die Absichten der Kartenmacher als die wahren Gegebenheiten? Finden sich in Karten nicht sehr häufig Verzerrungen, Vermutungen, Theorien oder gar "alternative Fakten" und bewusste Verfälschungen?

Eine Ausstellung, die ab dem 4. Mai 2017 in der Landesbibliothek Oldenburg zu sehen sein wird, geht diesen Fragen und dem schillernden Verhältnis von Fakten und Fantasie in historischen Karten aus 500 Jahren nach. Dabei wird eines deutlich: Karten erzählen und erzählten vor allem Geschichten und natürlich auch Geschichte. Die Ausstellung ist in sechs thematische Abschnitte gegliedert:
Der erste beleuchtet den Wandel der "Kartenbilder des Himmels und der Erde" am Beginn der Neuzeit:
Auf seiner Weltkarte verband Heinrich Bünting 1581 die Formen der drei Kontinente Europa, Asien und Afrika zu einem allegorischen Kleeblatt. Ungeachtet der Entdeckung Amerikas bildete für den Hannoverschen Theologen noch immer Jerusalem das Zentrum der Welt.
Kircher, Topographia Paradisi Terrestris, 1675, Ge III 1 b a 6
Karlsruhe Seutter Es folgen in der Ausstellung "Karten des Paradieses und der Heilsgeschichte". Um 1700 versuchte beispielsweise Athanasius Kircher wie auch viele andere Gelehrte, die Orte der Bibel mit wissenschaftlichen Methoden geographisch möglichst genau zu bestimmen - so auch die Lage des Paradieses.
Der Abschnitt "Geographie idealer Städte und Gesellschaften" spannt den Bogen von Gesellschaftstheorien, wie der berühmten Karte von "Utopia" im gleichnamigen Werk von Thomas Morus 1516, zu tatsächlich nach dem absolutistischen Staatsprinzip planmäßig angelegten Städten. Dabei überhöhte der deutsche Kartograf Matthäus Seutter 1741 auf seiner Karte die neu gegründet badische Residenzstadt Karlsruhe zur idealen Sonnenstadt mit fast überirdischer Strahlkraft weit ins Land hinein.
Karte des Bücherlandes 1938 von Alphons Woelfle Im Abschnitt "Literarische Orte und Fantasiekarten" begegnet der Besucher nicht nur der Karte der legendären Schatzinsel, sondern auch satirischen Darstellungen des Schlaraffenlandes oder des Bücherlandes.
Bis in die jüngste Vergangenheit Nordwestdeutschlands führt der Abschnitt "Wirtschaft und Verkehr in thematischen Karten". Dort wird erstmals auch eine große Kartenübersicht der Wracks und Schiffsunglücke in der Nordsee gezeigt. Jeder Punkt verbindet sich mit einer dramatischen Geschichte.
"Karten erzählen politische Geschichte" ist der letzte Abschnitt überschrieben. Aber welche Geschichte sich beispielsweise hinter der "silk escape map 43/c" verbirgt, soll an dieser Stelle noch nicht verraten werden.

Kuratiert wird die Ausstellung von Michael Recke (Präsident des Freundeskreises für Cartographica) und Michael Remmers (Vorstand der Sektion Weser-Ems der Deutschen Gesellschaft für Kartographie und Geomatik).
Die Ausstellung zeigt rund 100 Karten und kartenbezogenen Exponate vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Der Schwerpunkt liegt auf historischen Originalkarten aus dem Besitz der Landesbibliothek Oldenburg, der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin und aus Privatbesitz.

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog.