Das Konzept der Identität ist in der globalisierten Welt der Gegenwart zu einem universalen Fundament des kollektiven Zusammenhalts erhoben worden: Politische, soziale, kulturelle und religiöse Gemeinschaften beziehen aus ihrer Identität ihr Selbstbewusstsein und ihre Kraft. Damit werden jedoch gefährliche Tendenzen zur kollektiven Selbstbezogenheit, zur Abschließung nach außen und zur aggressiven Selbstbehauptung gegen die „Anderen“ gefördert. Ein Blick in die Geschichte des antiken Griechenland führt zu einer kritischen Sicht auf Phänomene der politischen und kulturellen Identität. Damit soll für die Gegenwart auf die Notwendigkeit von Solidarität jenseits von Identitäten hingewiesen werden.
Tonio Hölscher, Professor em. an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, zählt zu den renommiertesten Klassischen Archäologen und Altertumswissenschaftlern unserer Zeit. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf den Bereichen der griechischen und römischen Staats- und Repräsentationskunst, der Deutung mythologischer Darstellungen und der Interpretation öffentlicher Räume. Hölscher ist Verfasser mehrerer Standardwerke zur Klassischen Archäologie und antiken Kunst. Zum Thema seines Vortrags hat er einen Essay geschrieben, der 2024 bei Cotta erschienen ist.