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Regionalbuch des Monats

Die Landesbibliothek Oldenburg präsentiert in einer Vitrine in der 2. Etage des Lern- und Informationszentrums (LIZ) zehn- bis zwölfmal im Jahr ein interessantes Buch aus der Region Oldenburg, vorwiegend aus ihrem Altbestand.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

In diesem Monat wird ausgestellt:

Etwas zur Einleitung in die Rechtskunde

/ [anonym; Carl Anton Widersprecher]. - Oldenburg : gedruckt bey Gerhard Stalling, 1790. - 4 ungezählte Seiten, 75 Seiten. ; 8°
LBO: JUR A 5 A 36

Wenn man Widersprecher heißt, scheint ein juristischer Berufsweg bereits im Namen angelegt zu sein, möchte man meinen. Im Falle von Carl Anton Widersprecher (1753-1795), gebürtig aus der Wetterau, war von seiner Familie allerdings für den Kaufmannsstand vorgesehen. Jedoch folgt er seiner Neigung und absolviert ein juristisches Studium nach Tübingen. Dort begegnet er den philosophischen Debatten seiner Zeit. Im Jahre 1779 wird er Privatsekretär des späteren Oldenburger Herzog Peter Friedrich Ludwig (1755-1829).

Mit seinem schmalen Werk von 75 Seiten legt Carl Anton Widersprecher eine Miniatur frühaufklärerischer Rechtsphilosophie vor.

Widersprechers Werk steht ganz im Zeichen eines konservativen Aufklärungsbegriffs. Dafür seht z.B. die Erwähnung von Romulus und Numa Pompilius als mythischen Rechtsstiftern des Römischen Reichs.

Und doch ist Widersprecher kein bloßer Traditionalist. Er gründet die Rechtsfähigkeit des Menschen nicht auf Geburt oder Stand, sondern durch Engagement und Erfahrung. Er beginnt seine kleine Schrift mit der Begründung der Wissenschaft durch die Vernunft – er verweist damit also auf einen Zentralbegriff der Aufklärung.

Widersprecher begleitet seinen Dienstherrn Peter Friedrich Ludwig auf zahlreichen Reisen. Frühjahrs und sommers hält er sich mit ihm in Rastede, winters in Hamburg auf. Dort kommt er mit Klopstock in Kontakt, nimmt teil an einem kleinen literarischen Zirkel um v. Halem, fühlt sich jedoch mehr zu den stilleren Landschaften Rastedes hingezogen als zur großen Hansestadt.

Er definiert in seiner Einleitung in die Rechtskunde die Wissenschaft als „vernünftige Thätigkeit, fruchtbare Verwendung jeder Kraft und Beruhigung unseres inneren Wesens“ ist durchdrungen von aufklärerischem Selbstanspruch. In einem weiteren Abschnitt fragt er: „Wo erlangt der Mensch Rechte und wie erlangt er sie?“ – eine Frage, die er nicht durch Geburt oder Stand beantwortet, sondern durch Erfahrung und Engagement.

Karl der Große erscheint bei Widersprecher als ein König, der nicht nur politisch wirkt, sondern auch als Rechtsstifter im Sinne einer höheren Ordnung. Wie bei den römischen Vorbildern geht es dabei nicht um ein rein weltliches Recht, sondern um eine Vorstellung von Herrschaft, die sich auf göttliche oder geschichtliche Legitimation stützt. Rechtsordnung wird nicht neu erfunden, sondern als gewachsen und überliefert verstanden – und gerade darin als vernünftig begründet.

Widersprechers Werk ist ein lesenswertes Dokument der Zwischenzeit, in der sich das Alte Reich noch hielt – und doch schon in seinem Inneren zu wanken begann. Die Aufklärung, so zeigt er, war nicht nur revolutionär, sondern konnte sich auch in den Falten höfischer Verwaltung einnisten – als stille, gedankenschwere, von Bildung durchdrungene Rechtsvernunft.

Regionalbuch des Monats - Archiv

Stand: 04.06.2025